Gewalt gegen Frauen – unglaublich aber wahr

Gewalt gegen Frauen: Das verschwiegene Leid in unserer Mitte

Du denkst, Gewalt gegen Frauen sei ein Randphänomen? Weit gefehlt! Es ist ein allgegenwärtiges Problem, das mitten unter uns stattfindet – vielleicht sogar in deinem engsten Umfeld. Gerade in den letzten Tagen hat die Regierung verkündet, dass die Zahlen der Opfer im letzten Jahr wieder alarmierend gestiegen sind und die Dunkelziffer ja noch viel höher ist. Deshalb geht es uns alle an. Doch warum ist das so und vor allem wie können wir es ändern?

Lass uns gemeinsam hinter die Fassade blicken und eine wie ich finde erschreckende Realität aufdecken.

Die schockierende Dimension des Problems

Stell dir vor: Jede dritte Frau in Deutschland hat schon einmal Gewalt erlebt. Das sind nicht einfach nur Zahlen, sondern echte Schicksale. Deine Nachbarin, deine Kollegin, vielleicht sogar deine beste Freundin – sie alle könnten betroffen sein. Laut der aktuellen Kriminalstatistik wurden 2023 über 240.000 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt.

Fast jeden Tag sehen wir einen Femizid in Deutschland. Alle drei Minuten erlebt eine Frau oder ein Mädchen in Deutschland häusliche Gewalt. Jeden Tag werden mehr als 140 Frauen und Mädchen in Deutschland Opfer einer Sexualstraftat. Sie werden Opfer, weil sie Frauen sind. Das macht mich einfach immer wieder fassungslos. Dich nicht? 

Und ja, auch Männer und Jungen waren und werden Opfer von häuslicher Gewalt, aber 2023 waren 79,2% der Opfer von Partnerschaftsgewalt insgesamt weiblich. 77,6 % der Tatverdächtigen waren Männer, also sorry meine Herren, das ist nicht akzeptabel. 

Die vielen Gesichter der Gewalt

Gewalt hat viele Formen und nicht alle hinterlassen blaue Flecken:

– Körperliche Gewalt: Von der „harmlosen“ Ohrfeige bis hin zu lebensbedrohlichen Verletzungen

– Psychische Gewalt: Drohungen, Erniedrigungen, Kontrolle – „Du bist zu dumm dafür!“ oder „Ohne mich bist du nichts!“

– Sexuelle Gewalt: Vergewaltigungen, aber auch subtilere Formen wie Nötigung oder ungewollte Berührungen

– Ökonomische Gewalt: Kein Zugang zum eigenen Geld, finanzielle Abhängigkeit erzwingen

  • Digitale Gewalt: Stalking über soziale Medien, Verbreitung intimer Fotos ohne Einwilligung

Besonders die digitale Gewalt gegen Frauen hat in den letzten Jahren massiv zugenommen und viele Menschen haben vielleicht noch gar kein wirkliches Gefühl von den Folgen, weil sie einfach nicht so offensichtlich wie ein Beinbruch sind. 

Oft handelt es sich auch um eine Mischform, die es den Frauen so schwer macht aus der Gewaltspirale zu entkommen. Und ich weiß, über jeden einzelnen Punkt ließe sich so vieles mehr sagen, aber ich finde manchmal braucht es einfach nicht mehr Worte.

Der Teufelskreis des Schweigens

Gewalt gegen Frauen. „Warum geht sie nicht einfach?“, fragst du? So einfach ist das nicht. In meinen 20 Jahren, die ich als Sozialpädagogin und Traumatherapeutin in der Straffälligenhilfe gearbeitet habe, habe ich mir diese Frage selbst unzählige Male gestellt. So oft haben wir eine guten Plan gehabt, eine gute Strategie mit dem Opfer entwickelt, sie aus der Gefahrenzone rausgeholt. Doch nach ein paar Tagen war alles Leid vergessen und sie ist zurück gegangen. Sie hat die Gewalt gegen sich der Freiheit und einem Leben ohne Angst vorgezogen.

Ich war so oft wirklich deprimiert und habe die Schuld bei uns, beim System und in der Gesellschaft gesucht. Es gibt einfach zu wenige Plätze im Frauenhaus. Zu wenig Personal. Zu wenig Therapeut:innen. Zu wenig Geld für gute Prävention und auch für gute Täterarbeit. Einfach zu wenig von allem. Doch die  wahren Gründe, warum Frauen in Gewaltbeziehungen bleiben, sind viel vielfältiger und komplexer:

1. Scham und Peinlichkeit: „Was werden die Leute denken?“

2. Angst vor Eskalation: „Er wird mich finden und dann wird es noch schlimmer.“

3. Wirtschaftliche Abhängigkeit: „Wie soll ich die Kinder alleine durchbringen?“

4. Hoffnung auf Besserung: „Er hat versprochen, sich zu ändern.“

5. Mangelndes Selbstwertgefühl: „Vielleicht habe ich es ja verdient.“

6. Gewohnheit: „wer mich liebt, der schlägt mich. Ich kenne es nicht anders.“

7. Perspektivlosigkeit: „die anderen schaffen es sich zu ändern, ich kann das nicht.“

Diese Faktoren bilden einen Teufelskreis, aus dem viele Frauen ohne Hilfe nicht ausbrechen können.

Lass uns reden!

Kein Text kann ein gutes Gespräch ersetzen. Deshalb lade ich dich von Herzen zu einem kostenlosen Beratungsgespräch ein.

Die Wurzeln des Übels

Gewalt gegen Frauen hat tiefe gesellschaftliche Wurzeln:

– Strukturelle Ungleichheit: Trotz aller Fortschritte sind Frauen in vielen Bereichen noch immer benachteiligt.

– Traditionelle Geschlechterrollen: „Der Mann ist das Oberhaupt der Familie“ – solche Denkmuster sterben nur langsam aus, bzw. erleben wir gerade an manchen Stellen sogar eher einen Rückschritt.

– Ökonomische Faktoren: Armut und finanzielle Abhängigkeit erhöhen das Risiko für häusliche Gewalt.

Ein Beispiel: In Partnerschaften, in denen der Mann arbeitslos ist, ist das Risiko für Gewalt gegen die Frau um 50% höher.

Obwohl wir in Deutschland immer noch in einem absoluten priviligierten Wohlstandsland leben (ich weiß, es gilt nicht für jeden und viele sehen es anders), haben wir die Möglichkeit immer frei zu entscheiden, frei zu wählen. Wir Frauen dürfen unsere Meinung laut auf der Straße sagen und dennoch haben wir Angst im Dunkeln alleine durch den Park zu gehen. Da passt was absolut nicht zusammen.

Die verheerenden Folgen

Die Auswirkungen von Gewalt gegen Frauen sind weitreichend und oft langfristig:

  • Psychische Folgen: 
  •   48% der betroffenen Frauen leiden unter Depressionen
  •   64% haben Angstzustände
  •   Bei 79% wurde eine posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert
  • Körperliche Folgen:
  •   – Chronische Schmerzen
  •   – Gynäkologische Probleme
  •   – Erhöhtes Risiko für Herzerkrankungen und Schlaganfälle
  • Soziale Folgen:
  •   – Isolation von Familie und Freunden
  •   – Probleme am Arbeitsplatz bis hin zum Jobverlust
  • Ökonomische Folgen:
  •   – Die Kosten häuslicher Gewalt für die deutsche Volkswirtschaft werden auf 3,8 Milliarden Euro jährlich geschätzt

Viele Frauen erkennen ihre Symptome gar nicht wirklich als Folgen der Gewalt an. Denn die Gewalt gegen Frauen und Mädchen findet ja häufig nicht immer nur im aktuellen Hier und Jetzt statt, sondern ist Teil einer Lebensgeschichte, die im Unterbewusstsein tief vergraben ist. Manche sind auch nur „Zeugen“ von Gewalttaten geworden. Haben gesehen, wie der Vater die Mutter oder die Geschwister verprügelt hat und haben ihre eigene Hilflosigkeit und Ohnmacht verdrängt. Aber sie holt jeden irgendwann ein und zeigt sich in unterschiedlichsten Gewändern. Wir sprechen dann von einer chronischen PTBS, die leider viele Ärzte nicht mal erkennen und auch nicht die richtigen Fragen stellen.

Da ist es nicht verwunderlich, dass manche Frau ihren Kummer betäubt, ertränkt, Kaufrausch oder andere Zwänge und Süchte entwickelt, einfach um zu vergessen und sich ein kleines bisschen besser zu fühlen.

Wege aus der Gewalt

Doch es gibt Hilfe und Wege aus der Gewaltspirale. Der erste Schritt ist immer sich jemandem anzuvertrauen. Doch oft reicht es einfach nicht aus. Freunde und Angehörige sind schnell damit überfordert, wollen es nicht wahrhaben und spielen es im schlimmsten Fall sogar herunter. Dann ist es definitiv Zeit sich professionelle Hilfe zu holen.

Hier einige wichtige Anlaufstellen:

– Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“: 08000 116 016 (kostenlos & anonym, rund um die Uhr)

– Frauenhäuser: Sichere Zufluchtsorte für Frauen und ihre Kinder

– Beratungsstellen: Professionelle Unterstützung bei der Bewältigung des Erlebten

– Polizei: In akuten Gefahrensituationen immer die 110 wählen!

Was können wir tun?

Gewalt gegen Frauen geht uns alle an. Hier sind einige Möglichkeiten, wie du helfen kannst:

1. Hinschauen statt wegschauen: Wenn du Zeuge von Gewalt wirst, greif ein oder hol Hilfe.

2. Zuhören und ernst nehmen: Wenn sich dir jemand anvertraut, glaube ihr und verurteile sie nicht.

3. Informiere dich und andere: Je mehr Menschen über das Problem Bescheid wissen, desto besser.

4. Unterstütze Hilfsorganisationen: Durch Spenden oder ehrenamtliches Engagement.

5. Erziehe die nächste Generation: Vermittle deinen Kindern Respekt und Gleichberechtigung.

Ein Appell zum Schluss

Gewalt gegen Frauen ist kein Frauenthema. Es ist ein gesellschaftliches Problem, das uns alle betrifft. Nur gemeinsam können wir etwas ändern. Also, was wirst du tun, um das Schweigen zu brechen?

Denk daran: Jede einzelne Handlung zählt. Jedes offene Ohr, jede ausgestreckte Hand kann der erste Schritt zur Veränderung sein. Bitte lasst uns gemeinsam eine Welt schaffen, in der Frauen ohne Angst leben können. Ich weiß, wir können das besser.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert